Das Areal in Oberschöneweide ist – vergleichbar mit den Industriequartieren Moabit und Siemensstadt - eines der großen Denkmale der Berliner Industrie und gilt als eines der größten Industriedenkmale Europas.

Sein Aufstieg begann vor gut 100 Jahren, als die AEG unter Emil Rathenau Ende des 19. Jahrhunderts auf der Suche nach einem geeigneten Standort für ihre sich ständig erweiternden Produktionsstätten Berlins Zentrum verließ und an das noch unbebaute Spreeufer im Südosten der Stadt zog. Damit setzte die AEG einen Prozess in Gang, der als Randwanderung der Industrie bekannt ist. Diese Wanderung der Großunternehmen an die unbebaute Peripherie entlang der Spreeufer wurde zu einem der großen Motoren der Stadtentwicklung nach der Jahrhundertwende, verhalf der deutschen Hauptstadt im Kaiserreich zum Aufstieg zur „Elektropolis“ und machte Berlin in den nachfolgenden Jahrzehnten nicht nur zu einer Industriestadt ersten Ranges, sondern auch zu der in jeder Hinsicht am dynamischsten wachsenden Großstadt des Kontinents.

Die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft errichtete in der heutigen Wilhelminenhofstraße ein langgestrecktes Band von Werksanlagen, die noch immer mit ihren gelben Ziegelfassaden den Köpenicker Stadtteil prägen. So ist Oberschöneweide zudem ein herausragendes städtebauliches Gebilde. Das fast zwei Kilometer lange Industrieband zwischen Spree und Wilhelminenhofstraße ist weitgehend einheitlich gestaltet. Die AEG erkannte, dass die Architektur ihrer Werksanlagen genau so wichtig war wie das Design ihrer Produkte. Daher verpflichtete die AEG die bekanntesten Architekten damaliger Zeit wie Franz Schwechten und später Peter Behrens sowie die Spezialisten des Industriebaus Paul Tropp und Ernst Ziesel, um ihre Werksanlagen zu entwerfen.

Bis zum Ende der 20er Jahre entstand damit ein einzigartiges Ensemble von Stockwerksfabriken, ausgedehnten Produktionshallen, Verwaltungsbauten und sogar Wohnbauten, das das beginnende Zeitalter der architektonischen Moderne in seiner noch heute staunenswerten Vielfältigkeit verkörpert. Die Industriebauten von Oberschöneweide sind auch heute ein Standort mit unverwechselbarer Identität, der Künstlern oder auch jungen Unternehmen ein besonderes Image bietet.

Nach 1945 wurde das AEG-Transformatorenwerk verstaatlicht und erhielt während der DDR-Zeit als VEB Transformatorenwerk Oberspree, kurz TRO genannt, den Namen „Karl Liebknecht“. Hier arbeiteten bis 1990 2500 Arbeiter, die sich humorvoll „TROjaner“ nannten.

Mit der Wende begannen die Schwierigkeiten. 1996 wurde das Transformatorenwerk endgültig geschlossen. 1997 kaufte der ehemalige Chef des Berliner Familienunternehmens Ruhnke-Optik, Peter Barg, das 73000 Quadratmeter große TRO-Areal an der Spree und begann, es zum "Kultur- und Technologiezentrum Rathenau" umzubauen. Durch Insolvenz schien diese Idee beendet, doch ein irisches Familienunternehmen konnte für das Gelände begeistert und zum Kauf bewegt werden. Ein detailliertes Nutzungskonzept für das Gelände gibt es zwar noch nicht, aber der Umbau des Gebäudes 79 zu einem Atelierhaus konnte fortgesetzt werden.

Das Gebäude 79 weist die für das ehemalige Industriegebiet typischen Gestaltungsmerkmale mit einer gelben Klinkerfassade und Schmuckgiebeln auf. Es wurde 1899 von dem Architekten Paul Tropp gebaut. Vor seinem Umbau wurde das Erdgeschoss als Werkskantine, das Hochparterre als Sanitärtrakt genutzt. Im ersten Obergeschoss befanden sich die Konstruktionsbüros. Der Umbau wurde zum Jahresende 2007 fertig gestellt. Es sind 36 Kunstateliers entstanden, die in Größe, Ausstattung und Raumqualität sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Der Umbau wurde durch das Architekturbüro Archplan unter Leitung von Joachim Hoffmann und der Mitarbeit von Frau H. Erhard durchgeführt.